Gräfenhainichen – Fragt man den Bürgermeister der Stadt Gräfenhainichen, was er sich vom neuen Jahr verspricht, erhält man eine Antwort, die vor allem mit dem vergangenen zusammenhängt: „Ich hoffe, dass 2021 keine allzu lange Verlängerung des letzten Jahres wird“, sagt Enrico Schilling (CDU).
Klar sei – irgendetwas aus diesem Corona-Jahr werde bleiben, auch in der Heidestadt. Nun gelte es bloß zu hoffen, dass bald wieder möglichst viel von dem möglich werde, was die Jahre davor ausgemacht hatte.
Und dazu gehören nicht bloß die Festivals in Ferropolis, die Tausende anziehen, sondern auch die zahlreichen Dorf- und Feuerwehrfeste in Gräfenhainichen und den Ortsteilen. Die Kulturnacht, Holzskulpturen in Tornau und der Bergmannstag sind nur einige der bekanntesten Veranstaltungen, die nicht nur bei Gräfenhainichenern hoch im Kurs stehen.
„Ich weiß gar nicht, ob wir das nach der Pandemie alles nachholen können“, sagt Schilling – das gelte nicht nur für zahlreiche Feste, sondern auch für all die Jubiläen, die in diesem Jahr nur als Randnotiz stattfanden. Kleingarten- und Fußballvereine haben in dieser Hinsicht 2021 einiges nachzuholen.
Gebaut wird immer
Zumindest was die Stadtentwicklung angeht ging es 2020 in der Stadt auch so voran: Das Paul-Gerhardt-Gymnasium hatte kaum die Einweihung des Ersatzneubaus von Haus 4 gefeiert, als schon der Fördermittelbescheid für Haus 5 kam und kurz darauf Politiker wieder zum ersten Spatenstich ausholen konnten.
Der in die Jahre gekommene Campus der Schule ist schon jetzt sichtbar aufgewertet worden. Auch die Voraussetzungen für den Neubau der Förderschule an der Lindenallee wurden geschaffen – die Leitungen sind verlegt, 2021 beginnt nun der eigentliche Bau.
Und: Einige neue Eigenheimbesitzer schufen sich am neuen Wohnpark Barbarasee eine Bleibe. Das Projekt, das die Stadt risikofreudig per Kredit finanziert hatte, hat sich inzwischen fast vollständig durch die Grundstücksverkäufe abbezahlt. Im Stadtrat wurde Ende des Jahres auch deshalb schon angeregt, über weitere Wohngebiete für die Häuslebauer der Region nachzudenken.
Ein besonders bewegtes Jahr hat die Stadt aus Eisen hinter sich. Eigentlich hatte man den 25. Geburtstag des Industriedenkmals Ferropolis gebührend feiern wollen. Schon im Februar freute man sich, dass die Band Karat zum Bergmannstag im September spielen sollte – was sie dann natürlich nicht tat. Hiphopper, Electro- und Rockfans mussten ebenso Zuhause bleiben wie Freunde von Motorsport oder Triathlon.
Im März freute man sich noch über eine EU-Förderung für den Absetzer Medusa, der renoviert und mit einer Aussichtsplattform samt Aufzug versehen werden soll – danach ging es steil bergab. Man stehe kurz vor der Insolvenz, hieß es von Geschäftsführer Thies Schröder. Die Mitarbeiter teils in Kurzarbeit, Besucher verboten, Festivals verboten. Finanzhilfen standen zunächst nicht in Aussicht, weil Ferropolis mehrheitlich ein kommunales Unternehmen ist und kein privatwirtschaftliches.
Wege aus der Krise
Also galt es, kreativ zu werden: Autokino fand statt, ebenso musikalische Auftritte mit reichlich Abstand. Im Sommer trafen dann die ersten Camper ein – die Aktion mit den Wohnwagen unter den Baggern sei so erfolgreich gelaufen, dass man sie, wenn auch nicht in diesem Ausmaß, fortführen wolle, heißt es von der Geschäftsführung heute.
Zu den wenigen erfreulichen Nachrichten 2020 gehörte dann auch, dass man nach vielen Jahren des Wartens und Hoffens endlich die Freigabe des Gremminer Sees für den Gemeingebrauch feiern durfte.
Wassersport und Schwimmen sind nun also endlich auch legal möglich. Was noch aussteht, sind allerdings Freigaben, die die Bebauung des Ufergebietes betreffen. Oder anders gesagt: Bis zur Gräfenhainichener Marina oder auch nur zu einem Steg, an dem Gäste ihr Kanu zu Wasser lassen können, ist es noch ein weiter Weg.
Aber: Die Stadt aus Eisen ist nach eigenen Angaben inzwischen finanziell aus dem Gröbsten heraus, das zumindest konnte Chef Thies Schröder im Dezember verkünden. Das Land habe Zusagen für entsprechende Finanzhilfen gemacht. Ob die Festivals – das Splash soll 2021 gleich zwei Mal stattfinden und ist schon seit August ausverkauft – wirklich stattfinden, dürfte mehr als zweifelhaft sein. Die Veranstalter geben sich in dieser Hinsicht traditionell abwartend.
Stillstand an der Sandgrube
Etwas weiter südlich auf der Halbinsel im Gremminer See herrscht derweil weiter Streit, aber wenig Vorankommen: Die Jüdenberger Bürgerinitiative „Auf der Kippe“ und diverse Unterstützer aus der Region kämpfen dort gegen das Vorhaben der Firma Papenburg, eine Mülldeponie zu errichten.
Nach wie vor ist das Antragsverfahren beim Umweltamt des Kreises nicht groß vorangekommen: Es wird immer noch die Vollständigkeit der Unterlagen geprüft. Die nachgeforderten Schriftstücke des Antragsstellers seien noch nicht eingegangen, heißt es aus der Kreisverwaltung Anfang Januar 2021.
„Auf der Kippe“ machte dennoch von sich reden: Unter anderem luden die Jüdenberger Politiker aller Fraktion zu gemeinsamen „Müllspaziergängen“ an den See ein, um über ihren Protest zu informieren. Ob 2021, fünf Jahre nachdem Papenburg mit dem Antragsverfahren begonnen hat, Bewegung in die Sache kommt, bleibt abzuwarten. (mz)
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung