Karneval in Gräfenhainichen trotzt Corona Fahnenwechsel auf dem Wasserturm

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrag veröffentlicht:11. November 2020
  • Beitrags-Kategorie:Presse

Gräfenhainichen – Bei Hünsches ist Karneval Familiensache, Tochter und Enkelin sind selbstverständlich dabei, Vater Frank Hünsche steht dem Gräfenhainicher Carneval Club (GCC) zudem als Präsident vor. Aus seiner Frau Sabine macht das nach der Lesart von Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) eine First Lady. In diesen Tagen bekommen solche Begriffe einen speziellen Sound, aber Amerika ist weit und gerade der 11.11., Zeit also, auf dem Wasserturm der Stadt die Fahnen zu tauschen.

Schwarz-Rot-Gold verschwindet bis Aschermittwoch 2021 im Rathaus, über den Dächern des Ortes – 34 Meter hoch ist der in den 1920er Jahren errichtete Turm – weht jetzt die Fahne der Jecken, Blau und Gelb, es sind auch die Stadtfarben.

Kapitales Exemplar

Der Wechsel dauert nicht lange und ist – 11.11 Uhr – im Übrigen eine Punktlandung, was vielleicht auch an einer gewissen Routine liegen mag, denn das Prozedere hat in Gräfenhainichen Tradition. Seit vor 20 Jahren der Wasserturm saniert wurde, der nach Auskunft von Mathias Kolander (GCC, Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbehandlung) bis zu diesem Zeitpunkt eine Ruine war, wird oben auf der Plattform geflaggt.

Mit dem Fahnenwechsel zum Karnevalsauftakt einher geht wie auch andernorts die Übernahme des symbolischen Rathausschlüssels. In der Stadt des Kirchenliederdichters Paul Gerhardt ist das ein ziemlich kapitales Exemplar, an diesem Dienstag mitgebracht von Schilling. Der wusste auf eine entsprechende MZ-Anfrage am Vortag noch nicht, ob er sich für den Termin eventuell verkleiden würde. Nun trägt er einen GCC-Schal und erklärt am Rande, doch sowieso an 365 Tagen im Jahr eine Frohnatur zu sein.

Nicht übertrieben fröhlich, aber auch nicht sonderlich betrübt wirken die Hünsches. Ja, Corona hat dazu geführt, dass sie die 47. Session absagen mussten. Dennoch, so steht es auf einem Zettel, den Frank Hünsche mitgebracht hat, müssen sie nun „Verantwortung übernehmen und mit Herz und Verstand Entscheidungen treffen, die dem Schutz unserer Mitglieder, aber auch unserer Gäste und unserer Aktiven dienen“.

Geprobt hatten sie noch im Oktober, immer in der Hoffnung, dass „etwas“ gemacht werden könnte, im Gespräch war dafür die Freilichtbühne. Auch ein Motto hatten sie längst, „Die goldenen 20er“, aber dann war doch absehbar, dass Veranstaltungen vorerst nicht möglich sein werden, weil Bund und Länder, um die Pandemie einzudämmen, einen zweiten teilweisen Lockdown beschlossen hatten.

Und abends zum Stadtrat

Wer also eine Session absagt, braucht auch kein Prinzenpaar. Oder doch? GCC-Präsident Frank Hünsche sagt, sie haben eins: Prinz Covid I und Prinzessin Corona I. Es sei ein virtuelles, na Gott sei Dank! Und dann ist an diesem 11. November des Jahres 2020 auf dem Wasserturm von Gräfenhainichen karnevalistisch alles erledigt, Familie Hünsche und der Bürgermeister kehren auf den Boden der Tatsachen zurück. Für Schilling heißt das auch, abends noch in den Stadtrat zu gehen. So ist das Leben. (mz)

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung