Burgkemnitz – Je später der Abend, desto intensiver die Party. So sehen sechs Musiker aus Burgkemnitz die Welt. Sie sind die Spätsünder. Eine Band, von der es schon einmal ordentlich auf die Ohren gibt, die aber auch sonst nicht in der Nische verschwindet. Die Spätsünder kennen keine Scheu. Ihre Musik beschreiben sie als „die schönste Art laut zu sein“.
Zu weit vorgeprescht? Übertrieben? Am Ende müssten andere entscheiden, sagt Enrico Schillig. Er ist der Mann, der den Spätsündern Stimme gibt. Seit 2011 steht er hinterm Mikro. Der Frontmann? „Die Stimme. Die Fäden hält Sebastian Stiller in den Händen. Er ist der Chef.“
Sänger Enrico Schilling ist hauptamtlicher Bürgermeister von Gräfenhainichen
Schilling geht in Sachen Band gern einen Schritt zurück. Beruflich sieht das ganz anders aus. Da ist der Mann aus Tornau (Landkreis Wittenberg) ein echter Vortänzer. Seit 2015 ist er hauptamtlicher Bürgermeister der Heidestadt Gräfenhainichen. Musik ist für ihn ein schöner Zeitvertreib. Und auch eine gute Gelegenheit, Stress abzubauen.
Bei den Spätsündern singt Schilling. Er schlägt musikalisch aber auch schon mal die lauten Töne an. Schlagzeug spielt er bei „The Dreps“ und sagt schon einmal, dass er trommelt, um Ärger abzubauen. Andere Band, aber auch so einen Sache, Gefühle auszuleben.
Stimme zwischen Elvis Presley und Herbert Grönemeyer
Mal auf die Pauke hauen und mal voller Leidenschaft singen: Schilling ist in seinem Element, wenn er auf der Bühne steht. Seine Spätsünder-Kollegen haben ihn längst geadelt. „Seine Stimme liegt irgendwo zwischen Elvis Presley und Herbert Grönemeyer“, sagen sie.
Was für ein weites Feld. Die Spätsünder beackern es seit Jahren. Sie servieren Hits aus den goldenen Siebzigern, schwimmen mit der Neuen Deutschen Welle und covern Rockklassiker von Pink Floyd, den Rolling Stones, Status Quo oder Deep Purple. Erlaubt ist, was Spaß macht. Hauptsache, der Funke springt über im kleinen Saal oder im Partyzelt, in der großen Hütte oder bei Open-Air-Auftritten.
Sogar Bahnhöfe spielen eine wichtige Rolle bei den Spätsündern. Im ausgedienten Burgkemnitzer Exemplar proben sie. Im stattlichen Wolfener Empfangsgebäude schlagen sie seit geraumer Zeit einmal im Jahr zur Musiknacht auf.
Die Männer vom Rand der Dübener Heide sind Grenzgänger
Dann machen sie laut: Schilling singt, Sebastian Stiller spielt Gitarre und steuert aus dem Background Stimme bei. Johannes Jahn lebt seine Vorliebe für Gitarre, Bass und Gesang aus. David Gawehn ist Bassist und Keyboarder. Karsten Wieser überzeugt mit dem Saxophon. In zweiter Reihe sitzt Christian Steudel. Typisch für den Schlagzeuger und auf keinen Fall eine Bewertung seiner musikalischen Fähigkeiten. „Wir machen alle gern Musik“, erklärt Schilling. Er ist Entertainer, Stimmungsmacher, Sänger.
Es ist Partyzeit. Neongelbe Leuchtstäbe werden von den Fans geschwenkt. Gabalier und „Hulapalu“ gehen immer. Und „Am Fenster“ natürlich auch. Eine Geige hat zwar keiner der Spätsünder dabei. Das Solo gibt es dennoch. Die Technik macht es möglich. Die Musiker aus der Heide sind Grenzgänger. „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt.“
Deutscher Text, deutsche Mentalität. Die Spätsünder schalten nicht zurück. Sie geben Gas. Live, ohne doppelten Boden und ganz nah am Publikum. Sie lieben es, die Männer vom Rand der Dübenere Heide. (mz)
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung