Gräfenhainichen – Elisabeth Worbs hat ein ganz einfaches Rezept fürs Altwerden. Alles soll seine gewohnte Ordnung haben. Aufregung Fehlanzeige. Geburtstage machen eine Ausnahme. Da wird mit Sekt angestoßen und kräftig gesungen. Da klatscht die Frau auch mal in die Hände.
100 Jahre alt ist Elisabeth Worbs am Donnerstag geworden. Vom Trubel hat sie sich nicht anstecken lassen. Die Jubilarin sitzt an ihrem Stammplatz in der Wohngruppe des Gräfenhainichener Seniorenparks „Vergissmeinnicht“ und harrt der Dinge, die da kommen.
Tochter und Enkeltochter sind als Vorabdelegation der Familie da. Auch Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) schaut beim Geburtstagskind vorbei. „100 Jahre. Das hatte ich noch nie. Nicht als Bürgermeister in Tornau und auch nicht in Gräfenhainichen.“ Schilling überreicht Blumen und die obligatorische Urkunde samt Unterschrift des sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU). Es ist der große Bahnhof, den Elisabeth Worbs von Hause aus gar nicht mag.
Doch die Jubilarin spielt das Spiel mit. „Wenn es ihr nicht passt, sagt sie das. Da nimmt sie kein Blatt vor den Mund“, erklärt Tochter Ingeborg Leirer. Enkeltochter Roswitha Leirer verdrückt eine Träne. Was werden soll, wenn der andere Enkelsohn, die drei Urenkel und zwei Ururenkel zur Feier kommen, bleibt abzuwarten. Der 100. Geburtstag ist ein emotionaler Moment.
Er bietet auch Raum für die Rückschau auf ein langes Leben. Elisabeth Worbs wurde am 5. Juli 1918 im Sudetenland geboren. Nach der Schule in Aussig (Usti nad Labem) arbeitete sie im elterlichen Geschäft in Teplitz (Teplice). Die Welt schien in Ordnung. Bis sie nach Ende des Krieges aus den Fugen geriet. 1948 musste die Familie die Heimat verlassen. Über Waren an der Müritz ging es 1956 nach Gräfenhainichen. Hier ist Elisabeth Worbs alt geworden.
Das hatte bei ihrer Geburt wohl nicht jeder gedacht. 1918 wurde das kleine Mädchen notgetauft. Angesichts des eher mäßigen Zustandes in den ersten Lebenstagen schien das der Familie der rechte Weg. Das Mädchen hat sich gemausert und ist älter als sämtliche Geschwister und alle anderen Familienmitglieder geworden. Welches Rezept es dafür gab? Die Jubilarin sagt nichts, hebt viel lieber das Glas Sekt und grüßt in die Runde. Seit 2010 lebt sie im Seniorenpark. „Sie ist ein grundzufriedener Mensch. Das ist es“, vermutet Park-Leiterin Susann Küter. Tochter Ingeborg Leirer vermutet, dass auch die Bewegung eine Rolle spielt. Jeden Tag Gymnastik und Spaziergänge. Dazu frische Luft. Das habe die Mutter zeitlebens so gehalten. „Das muss auch mit dem Alter zu tun haben.“
Elisabeth Worbs ist Zuhause in Gräfenhainichen und war dort zumindest zu DDR-Zeiten keine Unbekannte. Sie hat über Jahrzehnte in der Sero-Annahmestelle in der Mauergasse gearbeitet. Geld für Papier, Flaschen, Gläser: Das zog die Leute in Scharen. Und die heute Hundertjährige hat immer ein gutes Wort gefunden. (mz)