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  • Beitrag veröffentlicht:11. Juli 2025
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Die Stadt Gräfenhainichen möchte das brachliegende Gelände des ehemaligen Braunkohlekraftwerks in Zschornewitz kaufen. Was dort entstehen könnte.

GRÄFENHAINICHEN/MZ. Dieses Vorhaben wird die Verwaltung und den Stadtrat Gräfenhainichens noch lange beschäftigen. „Wir reden hier über einen Zeitraum von mehreren Jahren bis zum ersten Spatenstich“, sagt Bürgermeister Enrico Schilling (CDU). Es geht im Detail um den Ortsteil Zschornewitz und das historisch so bedeutende ehemalige Braunkohlekraftwerk. Die Idee ist, dass derzeit brachliegende Kraftwerksgelände von der Lausitzer Energie und Kraftwerke AG (LEAG) zu kaufen und zu reaktivieren.

Angebot zu sehr fairem Preis

„Das Unternehmen hat der Stadt angeboten, diese Fläche zu einem sehr fairen Preis zu kaufen“, informiert Schilling die Mitteldeutsche Zeitung. Dabei handle es sich hauptsächlich um Gelände, das zum Teil unmittelbar an das Kraftwerksmuseum anschließt. Laut des Stadtoberhaupts drehe es sich um ein Areal mit einer Gesamtfläche von circa 50 Hektar.

„30 Hektar davon könnten als Gewerbe- und Industriegebiet reaktiviert werden“, berichtet Schilling. Er persönlich sehe besonders großes Potenzial in dieser Fläche und erwähnt in diesem Zusammenhang auch, dass es ein großer Vorteil sei, für ein solches Vorhaben eben nicht neue Grünflächen zu erschließen, sondern bereits versiegelte Flächen zu nutzen.

Das primäre Ziel dabei sei, weitere Unternehmen im Ortsteil Zschornewitz anzusiedeln. „Ich bin davon überzeugt, dass das erfolgreich sein kann, wenn es uns gelingt, die verkehrstechnische Erschließung für die Flächen hinzubekommen und wir darüber hinaus mit dem Pfund der bestehenden Bahntrasse werben können“, sagt Schilling.

Bei dem angestrebten Projekt geht es also nicht nur um die brachliegenden Flächen, sondern eben auch um die existierende Schienenverbindung zwischen Burgkemnitz und Zschornewitz – die momentan stillgelegt ist – und deren Verlängerung bis nach Ferropolis.

Bis zum vergangenen Jahr sei diese noch genutzt worden. Allein die Elektroschmelze habe auch 2024 noch etwa 10.000 Tonnen an Material über die Bahntrasse bezogen. „In den Jahren zuvor sind etwa 20.000 Tonnen an Material gewerblich auf der Schiene bis Zschornewitz transportiert worden“, berichtet Schilling.

Um das Konzept in Gänze gut umsetzen zu können, hat sich die Stadt Gräfenhainichen weitere Partner ins Boot geholt. So sei es vorgesehen, dass die Ferropolis Gesellschaft sich um die Bahntrasse und die Ferropolis-Stiftung „Industriekultur“ um die Betreibung des Denkmalensembles, das aus der ehemaligen Schaltwarte und der Maschinenhalle besteht, kümmern werde. „Der angenehme Nebeneffekt ist, dass die Güter, die bis im vergangenen Jahr noch auf der Schiene nach Zschornewitz gekommen sind, wieder diesen Weg nehmen könnten und nicht mehr auf Lkws umgeladen werden müssten“, sagt Schilling, „und dass das Museum wieder regelmäßig besuchbar wäre.“

Darüber hinaus werde auch die Gräfenhainicher Wohnungsgesellschaft involviert. Dadurch bestehe die Möglichkeit, in einem derzeit leerstehenden Wohnblock auch eine Art Technik- und Gründerzentrum für Start-ups einzurichten. Neben der Tatsache, dass Zschornewitz mit dem 1915 in Betrieb genommenen weltweit größten Braunkohlekraftwerk als Standort ohnehin eine beachtliche Geschichte zu erzählen habe, biete auch die Photovoltaikanlage auf der Hochkippe das Potenzial, Strom zu liefern. Ohne belastbare Zahlen in der Tasche zu haben, schätzt der Bürgermeister, dass man von Gesamterschließungskosten in Höhe von etwa zehn bis 15 Millionen Euro spreche. Man strebe an, 70 Prozent davon durch das von Bund- und Ländern aufgelegte Förderprogramm „Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaft“ (GRW) finanzieren zu lassen. Schilling spricht von einem runden Gesamtkonzept. „Zschornewitz könnte dadurch zu altem Glanze zurückgeführt werden.“

Studie befürwortet Das sehen die Stadträte offensichtlich ähnlich. Auf der jüngsten Stadtratssitzung wurde einstimmig beschlossen eine Machbarkeitsstudie, die etwa 200.000 Euro kostet, in Auftrag zu geben. Auch dabei hoffe man auf eine 70-prozentige GRW-Förderung. Die restlichen 60.000 Euro teilen sich auf die beteiligten Unternehmen und die Stadt auf. Der direkte Eigenanteil Gräfenhainichens beträgt momentan lediglich 10.000 Euro. Allerdings ist die Stadt zu hundert Prozent an der Wohnungs- und mehrheitlich an der Ferropolis-Gesellschaft beteiligt.

Paul Kreibich (Wählergemeinschaft Möhlau) sehe das Projekt als große Chance. „Ich finde es schön, dass wir Gewerbetreibende dadurch die Möglichkeit geben, sich bei uns anzusiedeln und solche Flächen nicht immer nur in Solargebiete umwandeln“, sagt er. Der Stadt biete das Vorhaben die Möglichkeit, durch die Gewerbesteuer „ein paar Euro“ zu verdienen. Ein gewisses Risiko gebe es bei allen Dingen, aber Kreibich betont: „Wir machen das nicht aus dem Bauch heraus, sondern haben erst mal nur die Machbarkeitsstudie beauftragt.“

Überschaubares Risiko

„Ich habe dafür gestimmt, weil ich die Entwicklung dieses Geländes als Chance mit derzeit überschaubarem Risiko für Gräfenhainichen sehe“, sagt Christel Lück (Linke). Die beauftragte Studie werde ihrer Meinung nach zeigen, ob das Vorhaben weiterverfolgt werden soll oder nicht. „Das ist nur der erste Schritt“, sagt sie. „Ich bin da sehr positiv gestimmt“, sagt auch Johannes Schönknecht (CDU). Er sehe dabei die Chance auf neue Arbeitsplätze im Vordergrund. „Wenn diese Möglichkeit besteht, müssen wir das prüfen.“ Er wüsste keine andere Fläche im Stadtgebiet, auf der Industrie angesiedelt werden könnte. „Diese Chance kommt nie wieder“, sagt Schönknecht. Der Bürgermeister drückt in jedem Falle sozusagen auf das Gaspedal. Schilling: „Mein Ziel ist, dass wir dieses Jahr noch die Machbarkeitsstudie in den Händen halten.“

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – Link zum Beitrag