Blühwiese für Insekten Wildes Grün für Gräfenhainichen

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  • Beitrag veröffentlicht:17. Juni 2019
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Gräfenhainichen -Die Sonne brennt auf den kaum beschatteten Platz neben einem Trafohäuschen. „Die einen schnappen sich einen Eimer – da kommen immer zwei Schippen Erde rein. Die anderen harken, ein paar nehmen das Saatgut und wer noch nichts zu tun hat, läuft hinterher und trampelt alles fest“, leitet Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) die Mitglieder des Vereins Dübener Heide und einige Bürgermeister aus der Umgebung an.

Die Stadt im Süden des Wittenberger Kreises will nicht etwa in den Agrarsektor einsteigen – sie will eine Blühwiese für Insekten auf einer Grünfläche anlegen.

Freiwillige Hilfe

Die Freiwilligen für die Aktion liefert praktischerweise der Verein Dübener Heide, der zu seiner traditionellen Bürgermeisterrundfahrt durch die Heide-Gemeinden eingeladen hatte. In den zwei Bussen saßen allerdings nur eine Handvoll der ehrenamtlichen Ortschefs – dafür aber viele Mitglieder des Vereins, was wohl schlicht dem Fakt geschuldet ist, dass die Zahl der Gemeinden mit eigenem Bürgermeister in den letzten Jahrzehnten stark geschrumpft ist.

In Gräfenhainichen waren die vielen helfenden Hände (und auch festtretenden Füße) allerdings willkommen. Eine große Blühwiese von etwa anderthalb Hektar hat die Stadt bereits vor fünf Jahren an der L130 bei Tornau angelegt. Unweit des Vorstadtteiches am Mühlenweg ist am Donnerstag nun der Anfang für eine weitere Wiese gemacht.

Und was hat die Stadt davon? „Es gibt drei Gründe: Es sieht schön aus, ist ökologisch und außerdem ökonomisch, weil der Bauhof nicht mehr so viel mähen muss“, sagt Bürgermeister Schilling. Axel Mitzka, Vorsitzender des Vereins Dübener Heide, ergänzt: „Blühwiesen helfen dagegen, dass in unseren schönen gepflegten Städten vieles versiegelt ist und nicht mehr viele Wiesen bleiben, auf denen ganzjährig etwas blüht.“ Das bedeute auch nicht, dass die Stadt nun gar keine Arbeit mehr mit der zum Insektenparadies umfunktionierten Fläche habe.

Das kann auch André Böse von Gräfenhainichens Bauhof bestätigen. Schließlich haben die Arbeiter derzeit eine Menge zu tun. „Die Mischung aus Sonne und Regen lässt alles ziemlich schnell wachsen“, sagt er. Den Acker, auf dem die Vereinsmitglieder grade ein Misch-Saatgut aus 35 Blumenarten ausbringen, werden die Arbeiter wahrscheinlich trotzdem noch bewässern müssen.

Die Mischung, sagt Axel Mitzka, sei auch deswegen wichtig, damit die Pflanzen möglichst versetzt blühten und so viele Insekten über einen langen Zeitraum versorgten. Das gelte nicht nur für Bienen, sondern auch für diverse Schmetterlingsarten. Den Arbeitseinsatz am Rande der jährlichen Ausfahrt mit Bürgermeistern und Vereinsmitgliedern hält er da für die perfekte Gelegenheit – so könnten sich die Ortschefs untereinander austauschen und sich aus den jeweiligen Orten einiges abschauen.

Einige Anwohner, argwöhnt es aus der mitgereisten Gruppe, hätten ja bereits Bedenken wegen der Blühwiesen angemeldet. Das sehe schnell vernachlässigt aus, sei etwa ein beliebtes Argument. Bürgermeister Schilling sieht das gewohnt pragmatisch – allen könne man es eben nicht recht machen. Ein Teil der Menschen bestehe eben auf „gepflegten englischen Rasen“.

Lösung weltweiter Probleme

„Ich bin dafür, angesichts des Klimawandels nicht in Ohnmacht zu verfallen“, sagt Axel Mitzka, während sich die Gruppe bereits wieder auf den Weg zu den zwei Bussen macht. Auch zur Lösung eines großen, gar weltweiten Problems, könne ein jeder seinen kleinen Teil beitragen. Im heimischen Garten reiche es oft schon, nicht jede Woche den Rasen zu mähen und so der Natur etwas mehr Raum zur Entfaltung zu verschaffen. Bürgermeister und Vereinsmitglieder brechen wieder auf. Nächstes Ziel auf der Tagesrundfahrt durch die Gemeinden der Dübener Heide: ein ehemaliger Gutshof in Radis. Und später geht es nach Korgau, wo eine Pferdezüchterin über ihre Erfahrungen mit Wolfsangriffen berichten soll. (mz)

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung