Gräfenhainichens Enrico Schilling (CDU) Elvis, der Bürgermeister

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  • Beitrag veröffentlicht:15. Dezember 2015
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Der Gräfenhainichener Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) ist erst ein halbes Jahr im Amt und schon gibt es harsche Schelte. „Ich habe davon gehört“, sagt der Rathauschef. Sein Wissen beziehe er aber „aus zweiter Hand“. Der Kritiker aus dem Stadtrat habe mit ihm darüber noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesprochen. Es geht um seinen Arbeitsstil. „Der macht zu viel“, wird unter der Hand bei den Volksvertretern getuschelt. Tatsächlich ist der Rathauschef megapräsent. Wo auch immer in einem Stadtteil eine Ortschaftsratssitzung stattfindet, Schilling ist dabei. Und wo ein Ball rollt, der Neue entdeckt sein Herz für den Sport und für den Fußball, übernimmt Auslosungen und hält selbst beim Mitternachtsturnier als Zuschauer lange durch.

Bürgermeister Elvis

Kondition hat der 36-Jährige sowieso. Beim VfB-Vereinsfest übernimmt er nicht nur die übliche Rolle des Grüß-Gott-Onkels bei der Eröffnung, sondern taucht plötzlich als Elvis auf. Die Fußballer sind begeistert. Es gibt tosenden Applaus. „Es war zu später Stunde. Zuvor ist der Alkohol reichlich geflossen“, so der Sänger. Den ungewöhnlichen Auftritt hat VfB-Präsidentin Cornelia Kuhnert eingeleitet. „Wir waren auf der Suche nach einer preisgünstigen Einlage“, verrät die FDP-Stadträtin. „Es war sehr unterhaltsam. Aber als Bürgermeister ist der Mann besser. Er hat ein großes Rechtsverständnis, kann gut formulieren und komplizierte Dinge einfach erläutern. Hut ab“, sagt die Politikerin.

„Auch ich bin voll des Lobes – auch wenn Schilling nicht meiner Partei oder meiner Fraktion angehört“, so Lothar Schröder (SPD). „Mir sagt besonders zu, dass er sich deutlich mehr um die Vereine kümmert als sein Vorgänger. Positiv ist auch, dass er sich nach der Amtsübernahme keine Schonzeit auferlegt hat“, so der Fraktionschef.

Kritik an Schilling

Differenzierter sieht es Christel Lück (Linke). „Er ist bemüht, viele Dinge, die sein Vorgänger auf den Weg gebracht hat, fortzusetzen“, so die Fraktionschefin.

Kritisches kommt aus Möhlau. „Der Wahlkampf ist vorbei. Es reicht nicht mehr, jeden Tag sich in der Zeitung zu positionieren. Jetzt müssen Taten folgen. Richtige Ergebnisse konnte ich noch nicht sehen“, sagt Günter Lönnig (Wählergemeinschaft). Er fordert mehr Entgegenkommen im Rathaus selbst und liefert dazu ein Beispiel vom Dienstag. „Meine Frau sollte Post von mir im Bürgerservice abgeben. Sie wurde ins Vorzimmer des Bürgermeisters geschickt. Treppensteigen ist für ältere Menschen nicht einfach.“

Mit Herzblut dabei

Trotz der Schelte hat Schilling – ein begeisterter Schlagzeuger – auch schon kommunalpolitisch auf die Pauke gehauen. Es ist sein Verdienst, dass in diesen Tagen die Grundstücksbesitzer keine Bescheide über rückwirkende Straßenausbaubeiträge erhalten. Es geht um Tausende von Euro. Die sollten kassiert werden für Bauvorhaben kurz nach der Wende. Schilling und sein Team beweisen in akribischer Kleinarbeit für jede einzelne Straße, dass eine Beitragserhebung rechtlich nicht möglich sei. „Dankesbriefe habe ich nicht erhalten“, sagt Schilling, der sich in seiner bisher kurzen Amtszeit aber auch schon unangenehmen Dienstpflichten stellte.

Eines Nachts muss er die Frage klären, wohin mit dem Körper eines toten Mannes, der scheinbar keine Familie hatte. Schilling kann eine Notbestattung verhindern, macht doch noch Angehörige in der Ferne ausfindig. Und nach dem Auffinden eines Grabsteines mitten im Wald kann er den Fall des vermeintlich illegalen Entsorgens mit detektivischem Spürsinn schnell klären.

Wenn eine siebenjährige Amtszeit mit einem Marathonlauf zu vergleichen sei, so meinen die Parteifreunde Schillings, habe der Neue den Start stark angegangen. (mz)

 

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung